«Deutsche Sprache, schwere Sprache» – Einblick in eine besondere Sprachschule
- jochengaiser3
- 31. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Sept.
Seit 17 Jahren begleiten wir Menschen aus aller Welt beim Deutschlernen. Jeden Donnerstag treffen sich 80 bis 100 Teilnehmende: drei Klassen im Gemeindehaus der Bewegung Plus, sieben Klassen bis Stufe A2.2 im GfC-Lokal in Bern. Ein Unterricht auf B-Niveau ist aus Platzgründen nicht möglich.
Die Schule wird von rund 25 Lehrpersonen sowie Helferinnen und Helfern im Kinderhütedienst, in Küche und Reinigung getragen – alle engagieren sich unentgeltlich.
Zwischen Grammatik und Lebensgeschichten
Lehrpersonen berichten von heiteren und bewegenden Erlebnissen:
Wir übten das Perfekt und erklärten die Regel, wann man sein oder haben benutzt. Da sagte eine Frau: Ich bin gekocht. Wir mussten schmunzeln und erklärten, dass sie meinte, im Kochtopf zu sitzen. Alle lachten herzlich.
Eine Frau aus Algerien bat mich per WhatsApp um Hilfe, weil ihr Mann sie bedrohte. Sie wusste, dass ich für sie bete. Gott hat sich erbarmt – sie erhielt Unterstützung von Behörden und unserem Seelsorger.
Kleine Gesten mit grosser Wirkung
Es ist Winter. Schon mehrere Jahre verstaue ich ein paar Winterschuhe im Schrank, weil sie mir zu klein sind. Plötzlich kam mir der Gedanke, sie doch an unsere Weihnachtsfeier mitzunehmen. Nach der Feier holte ich die Schuhe hervor und gab sie einer kleinen Frau aus Vietnam. Sie nahm sie dankend an, ihre Augen strahlten, und in diesem Moment spürte ich, dass es die richtige Entscheidung war.

Ostergeschichte in einfacher Sprache
Heute haben wir das Thema Ostern. Unsere Klasse besteht aus einer Alphabetisierungsgruppe sowie aus Frauen mit sehr wenigen Deutschkenntnissen. Wir erzählen die Ostergeschichte mit Bildern und einfachen Sätzen. Viele verstehen wahrscheinlich nur ‹Bahnhof›. Jede Frau bekommt die Ostergeschichte zusätzlich in ihrer Muttersprache. Eine Teilnehmerin, eine Muslimin, nahm die Sache selbst in die Hand und las der ganzen Klasse die Geschichte in Arabisch vor. Die Frauen hörten gespannt zu, und man spürte, wie langsam Verständnis und Interesse wuchsen. Es war berührend zu sehen, wie die Geschichte trotz der sprachlichen Hürden ankam.
Dankbarkeit und Gemeinschaft
Auch Teilnehmende selber übernehmen Verantwortung:
Es freut mich, dass ich einige Teilnehmende zum internationalen Gottesdienst einladen konnte. Einige sind nun regelmässig dabei.
Und Lehrpersonen beschreiben, wie sie die Atmosphäre erleben:
Es macht mich dankbar, dass sich jeden Donnerstag so viele Menschen aus unterschiedlichen Kulturen im Stadtbach zum Deutschlernen treffen. Ich spüre ihre Freude über die Fortschritte – und die Dankbarkeit für unsere Arbeit. Besonders berührt hat mich, wie mir eine Schülerin beim Abschlussfest mit einem kleinen Geschenk und ein paar Worten auf Deutsch ihre Wertschätzung ausdrückte.
Frauen aus Somalia erzählten von Festen, Traditionen und Alltagserfahrungen ihrer Heimat. Eine Teilnehmerin half beim Übersetzen, zeigte grosses Interesse an den Materialien und nahm dankbar Unterlagen in ihrer Muttersprache mit. Wir konnten gemeinsam lachen, Fragen klären und voneinander lernen – ein Moment echter Verbindung, der mich sehr berührte.
Mehr als Sprachvermittlung
Die Deutschschule ist weit mehr als ein Lernort: Sie ist Begegnungsraum, Unterstützungsnetzwerk und Ort der Hoffnung. Ob bei «Deutsch mit der Bibel», im Abschlussgottesdienst oder in der Znünipause mit Kaffee, Tee und Schoggistängeli – die Gemeinschaft trägt.
«Deutsche Sprache, schwere Sprache» – doch mit Humor, Herz und Glauben gelingt es, dass sich Woche für Woche Menschen einladen lassen: zum Lernen, zum Lachen und manchmal auch zum Glauben.
Robert Oppliger und Team
















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